Der Sportliche

In seiner fast 3000-jährigen Geschichte hat sich Verona kulturell verfeinert und entwickelt. Und doch ist die Energie vergangener Zeiten in der Stadt deutlich spürbar. Das merkt man schon bei der Ankunft am Bahnhof. Von hier aus sieht man schon die alten Befestigungsanlagen der Stadt, die in einen außergewöhnlichen Park, den Parco delle Mura e dei Forti, verwandelt wurden. Der untere Teil führt am Graben, der obere an den Befestigungsmauern entlang.

Hier starte ich mein tägliches Training auf dem Cross delle Mura. Die Laufstrecke ist dank der Auf und Abs sehr abwechslungsreich, hier verstecken sich auch mehrere Sportanlagen. Ich jogge vorbei an diversen Fußballplätzen der lokalen Vereine, Tennisplätzen und dem berühmten Schwimmbad Veronas, alle zwischen Befestigungswall und Straße geschickt eingepasst.

Zwischen Avesa, Stallavena und Ceredo
Chievo-Dammbrücke über die Etsch
Cross delle Mura

Dieses Schwimmbad, das Centro Federale „Alberto Castagnetti“, ist schon lange ein Trainingszentrum für Leistungsschwimmer und damit ein Aushängeschild des italienischen Schwimmsports. Die göttliche Federica Pellegrini – „la Pellegrini“, wie Kenner die beste italienische Schwimmerin nennen – machte das Centro berühmt. Und wo ich gerade hier bin und mir eigentlich nur die Beine etwas ausschütteln will, finde ich sofort die Vorstellung verlockend, noch ein paar Bahnen in dem gerade in den Sommermonaten herrlich erfrischenden Wasser des Freibads zu ziehen. Wenn ihr danach Lust habt, die erstklassige Ausstattung des Centro noch weiter zu erkunden, relaxt doch ein wenig auf den bequemen Tribünen am olympischen Becken.

Oder, wenn gerade kein Training der Schwimmprofis stattfindet, genießt einfach den Moment und legt euch wie ich auf einen Liegestuhl in die Sonne. Oder ihr feilt im nahegelegenen Skaterpark an eurer Technik, bevor ihr später mit einem doppelten Hechtsprung ins Becken taucht. Den Skaterpark gibt es nämlich, etwas versteckt, nur wenige Meter vom Ausgang des Schwimmbads entfernt – mit allem, was das Herz begehrt. Das Areal ist etwas verwildert, aber sehr groß und immer gut besucht.

In Verona scheint das Interesse besonders an Street-Sportarten groß zu sein. „Geh zum Piazza Isolo“, heißt es, „da trainieren sie Parcours, oder zum Bahnhof, aber die Parcoursläufer am Piazza Isolo musst du wirklich gesehen haben.“ Hier trainieren die Jugendlichen mit Hindernissen aus Beton, während hinter ihnen die Etsch und neben ihnen der Verkehr fließt. Nichts für schwache Nerven!

Skaterpark, Parco delle Colombare

Und wenn wir gerade von der Etsch sprechen, die sich so unnachahmlich durch die Altstadt Veronas schlängelt und das Zentrum von den Hügeln trennt: Die schattigen Alleen an ihren Ufern sind ideal zum Joggen. Folgt man ihnen, kreuzt man zwangsläufig die Ponte Pietra. Von dort steigt die Strecke zu den Hügeln hin an, die wiederum zum Parco delle Colombare führen. Hier trifft man vor allem am späten Nachmittag viele Sportler beim Trainieren und Stretchen. Hinter dem Park verläuft die Via Torricelle, eine der berühmtesten Panoramastraßen Veronas. Unterwegs auf ihren sachten Steigungen findet ihr fantastische Aussichtspunkte.

Die Via Torricelle ist eine ideale Strecke zum Joggen oder Biken – wenn ihr mit dem Mountainbike unterwegs seid, umso besser! Die unzähligen Abzweigungen an den Hügeln lassen sich dank der guten Beschilderung leicht erkunden. Mountainbiken ist bei den Einheimischen sehr beliebt, vor allem nach dem olympischen Erfolg Paola Pezzos in den 1990ern, und Verona bietet einige ideale Bikestrecken. Eine Route führt durch den Parco Naturale dei Monti Lessini, eine der ursprünglichsten Gegenden des Veneto, eine andere durch den näher gelegenen Parco Adige Nord. Von Letzterem zweigt ein Rundweg ab, der vom Deich zum Fluss nach Parona und über die Etsch-Uferpromenade Lungadige Attiraglio zurückführt. Zwölf rasante Kilometer über Schotterstraßen, Sand und Asphalt. Herrlich!

Billardsalon Sala Orsi
Kletterhalle King Rock, Borgo Roma

In Verona stellt das Fahrrad ein regelrechtes Ökosystem dar, das seine Glanzzeit im September während der Messe Cosmo Bike Verona erlebt. Es handelt sich um ein Event auf europäischer Niveau mit über 60.000 Besuchern und fast 10.000 Ausstellern. Hier werden alle Neuheiten vorgestellt, ohne die handwerklich gefertigten Produkte, die Italien in aller Welt berühmt gemacht haben, zu vergessen. Neben der Messe habt ihr die Möglichkeit, jeden Tag echte Fahrradateliers zu besichtigen.

Geschickte Hände schmieden einzigartige Rahmen wie im exklusiven Geschäft von Dario Pegoretti. Wenn ihr eher den Retrolook bevorzugt und auf Kleidung und Ausstattung Wert legt, empfehle ich euch die Werkstätten Twelve an der Etsch und das etwas außerhalb der Stadt gelegene Cicli Blume. Dann gibt es noch Pigozzi, wo das Fahrrad als Lebensphilosophie interpretiert wird, und Chesini, wo sich handwerkliches Können mit der Schönheit eines mit Fresken geschmückten Gebäudes aus dem 16. Jahrhundert vereint (chiesini.it).

Einen ganz neuen Blick auf die Stadt bietet der Wassersport. Vom Deich aus kann man beispielsweise mit der Associazione Verona Rafting über die Etsch raften. Zugegeben bietet das Schlauchbootfahren auf der Etsch weniger Adrenalin als Panorama. Aber von Touristen beobachtet über das Wasser zu paddeln hat seinen ganz eigenen Reiz, und nach zwei Stunden Flussfahrt fühle ich mich wie ein Amazonasforscher.

In der Nähe des Raftingcenters befindet sich übrigens das Centro Bottagisio, in dem der Fußballclub Chievo Verona trainiert. Drinnen kann man mehr über die außergewöhnliche Geschichte dieses Vereins erfahren. Soviel sei verraten: Chievo selbst ist ein Stadtteil im Osten Veronas, eine kleine Gemeinde, die 2001 ein wahres Wunder vollbrachte: Ihre Fußballmannschaft stieg in die Serie A, die erste Liga des italienischen Fußballs, auf. Seitdem ist sie dort fast ständig präsent, ganz im Gegensatz zum noblen Vetterverein Hellas Verona. „Ein Schlag für den Rest der Stadt“, so erzählt man mir hier, „ein 4000-Seelen-Dorf hat eine Mannschaft in der ersten Liga!”

Via Torricelle
Parco delle Colombare

Nach vielen Abschlägen steht mir jetzt der Sinn nach etwas mehr Power. Die Kletterhalle King Rock am Rande des Stadtviertels Borgo Roma ist dafür genau das Richtige. Die Anlage steht jedem Kletterbegeisterten zur Verfügung. Die großzügigen, 14 Meter hohen Indoor-Kletterwände sorgen mit Sicherheit für jede Menge Nervenkitzel. Ja, schon klar, echte Kletterer gehen lieber nach draußen. Auch das ist in Verona kein Problem, denn die Stadt und ihre Umgebung können mit weltberühmten Klettergebieten aufwarten. Die Einsteiger finden in der kleinen Frazione Avesa am Rande Veronas eher leichte Kletterwände unter 30 Metern.

In Stallavena sind die Routen schon etwas anspruchsvoller und übersteigen die 30-Meter-Marke. Guten Sportkletterern empfehle ich Ceredo. Wie der Name einer der berühmtesten Routen – „Eterno Riposo“, die letzte Ruhestätte – schon sagt, macht man hier keine Scherze. Aber wer ist schon angesichts einer 8C-Route zum Scherzen aufgelegt?

Die Zeit in Verona verfliegt im Nu, und es ist fast Abend geworden. Solltet ihr keine abendliche Laufrunde eingeplant habt, hätte ich ein paar Vorschläge für euch: zum Beispiel den historischen Billardsalon Sala Orsi in einer Seitengasse der Altstadt, dessen Spezialität 8-Ball ist. Auch wenn der Salon von außen wie eine x-beliebige Bar wirkt, tretet einfach ein. Vor einem riesigen Foto von Paul Newman im Film „Haie der Großstadt“ breitet sich vor mir ein riesiger Billardsalon mit 17 Tischen aus. Überall stehen Fotos und Pokale, die von nationalen und internationalen Turnieren im Sala Orsi zeugen. Spielen kann hier natürlich jeder, aber die Profis erkennt man sofort an ihren glänzenden Billardqueues, dem gepflegten Queue-Köcher und der absoluten Stille während des Spiels.

Zu guter Letzt ist Verona natürlich bekannt für den Dartsport. Damit das so bleibt, veranstaltet die Veroneser Zweigstelle des italienischen Dartverbandes Fidart über das ganze Jahr verteilt zahlreiche Dartturniere in den Lokalen der Stadt. Die Spieler werden nach ihrem Alter und Können in Gruppen eingeteilt. Das heißt aber nicht, dass ihr euch genüsslich zurücklehnen könnt. Wenn ihr vor der Dartscheibe nicht euer Bestes gebt, wird man euch im Nu auffordern, zur Seite zu treten, und ihr kommentiert dann vom Tresen aus die Spiele der anderen.

Weitere Routen

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